Design Thinking im Management - was würde Sokrates dazu fragen?

– Kategorie: Design Thinking – Lesedauer: 1.9 Minuten – 1 Kommentar
Ist Design Thinking die nächste Sau, die durchs Dorf getrieben wird oder steckt doch mehr dahinter? Anlehnend an einen Artikel von David Westell (2014) lässt sich diese Frage beantworten. Spannend: Die Argumentation baut auf einem Dialog zwischen Sokrates und dem jungen Manager Archarios auf.

Die griechischen Denker unter sich - Design Thinking als nächstes Big Thing?

Das Gespräch beginnt mit der Schilderung des jungen Managers, wie er seinen Job in einem Krankenhaus antritt. Doch statt sich über die neue Stelle zu freuen, blickt der Archarios pessimistisch in die Zukunft: Trotz erfolgreichen Studiums fühlt er sich nicht in der Lage Antworten auf praktische Herausforderungen zu liefern. Als Beispiel nennt er das Problem, dass viele Patienten, die von ihrem Hausarzt ins Krankenhaus geschickt werden, ihre Termine verpassen. Kosten und ineffizienter Ressourceneinsatz im Krankenhaus sind die Folge.
Der Archarios ist resigniert, weil er in dem Glauben, dass Technik alleinige Lösung aller Probleme sei, ein Computersystem aufgebaut hat, welches die Terminvergabe im Krankenhaus effizienter gestalten sollte. Doch das Computersystem führte zu keiner merklichen Verbesserung: So konnten die Hausärzte z.B. nicht die Emailadresssen und Handynummern der Patienten weiterleiten, entweder weil sie diese nicht besaßen oder aus Datenschutzgründen nicht weitergeben konnten.
Dem Archarios wird klar, dass er bestehende Prozesse nicht verändert hat, sondern nur elektrifizierte. Und die entscheidende Frage ganz zu Beginn der geplanten Veränderung wurde nie gestellt: „Warum lassen Patienten ihre Termine ausfallen?“

Sokrates Fragen führen beim Archarios zu der Erkenntnis, dass Beobachtungen von Patientenverhalten dabei helfen, einem Problem auf den Grund zu gehen. Und als der junge Manager sich mit Mitarbeitenden unterhält, versteht er, warum diese zynisch werden, wenn Chefs „dumme“ Entscheidungen treffen. Diese Informationen zu sammeln ist der zentrale Aspekt, Ideen wie angestrebte Zustände designet werden können, kommen dann fast automatisch.
Als Take-Home Message formuliert der Archarios: „Don‘t pave the cow paths“ (wandere nicht auf eingetretenen Pfaden). Speziell mit Blick auf die Digitalisierung sollte beachtet werden, bestehende Prozesse nicht einfach nur elektronisch nachzubilden. Stattdessen sollte eine Überarbeitung dazu genutzt werden, Lösungen zu generieren, die die Belange der Nutzenden ansprechen. Der Archarios nimmt sich dafür vor, IT in Zukunft als „Innovation Systems“ zu verstehen, damit er nicht in das alte Muster zurückfällt, alte Wege nur digital nachzuzeichnen.

Wastell, D. (2014). Archarios: A dialogue between Socrates and a novice manager on the relevance of design to management practice and education. Academy of Management Learning & Education, 13(4), 641–652.
doi.org/10.5465/amle.2013.0169

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Paul Endrejat
Gründer, Coach & Organisationsentwickler

Paul hat in Potsdam und Utrecht Psychologie studiert und an der TU Braunschweig zum Thema Veränderungsmotivation promoviert. Seine Forschungsinteressen sind die Motivierende Gesprächsführung, Design Thinking, Job Crafting und die Steigerung des umweltbewussten Verhaltens. Bzgl. der Organisationsentwicklung interessiert ihn besonders, wie sich eine Innovationskultur etablieren lässt und was wir von "Klassikern" wie Kurt Lewin lernen können

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Kommentare:

Paul schrieb dazu am :

Ich bin mir bewusst, dass das Bild gar nicht Sokrates, sondern Platon und Aristoteles zeigt.


Let´s talk about change.